Veranstaltung: | 38. Landesdelegiertenkonferenz Brandenburg |
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Tagesordnungspunkt: | 7.1. V-Anträge (Verschiedenes) |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 28.10.2016) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 28.10.2016, 20:33 |
V2: Windenergie naturverträglich ausbauen
Antragstext
Als Bündnisgrüne kämpfen wir für wirksamen Klimaschutz. Um den Klimawandel auf
ein verträgliches Maß zu reduzieren, müssen wir möglichst schnell unabhängig von
fossilen Energieträgern werden. Im Bereich der Stromproduktion stellt die
Windenergie eine entscheidende Säule dar. Der in Brandenburg produzierte
Windstrom deckt bereits heute einen großen Anteil des Strombedarfs in
Brandenburg und Berlin. Windenergieanlagen stellen allerdings auch einen
Eingriff in die Natur dar, den wir so gering wie möglich halten wollen.
Klimaschutzpolitik darf nicht kurzfristig zerstören, was sie langfristig zu
schützen beabsichtigt.
Die Ausweisung von Windeignungsflächen durch die Regionalen
Planungsgemeinschaften halten wir für richtig. In den Genehmigungsverfahren, wo
Windenergieanlagen errichtet werden können, muss allerdings der Artenschutz und
der Schutz von Ökosystemen verstärkt berücksichtigt, auf fundierte biologische
Erfassungen und Daten zurückgegriffen, sowie eine transparente und frühzeitige
Beteiligung der Öffentlichkeit und der Umweltverbände durchgeführt werden.
Planungsrelevante Arten bedürfen dabei den bestmöglichen Schutz vor
Nestzerstörungen, Vertreibung und Tötung. Grundlage für den Planungsprozess sind
unabhängig erstellte Gutachten durch fachlich geeignete Gutachter, deren
Bezahlung nicht erfolgsorientiert erfolgen darf. Dabei ist darauf zu achten,
dass die Öffentlichkeit frühzeitig informiert wird, welche
Beteiligungsmöglichkeiten sie hat, wie sie den Prozess beeinflussen kann und wo
die Grenzen der Beteiligung liegen.
Wir begrüßen die breite politische Unterstützung für die Energiewende. Wir sind
überzeugt, dass eine übergroße Mehrheit der Bevölkerung sich eine Energiewende
wünscht, die den Naturschutz als immanenten Teil ihrer selbst betrachtet. Das
sollte sich u. a. in den Forschungsgeldern widerspiegeln. Die öffentlichen
Gelder, die in die technische Forschung zur Energiewende fließen, sollten von
vornherein an die Bedingung geknüpft sein, möglichst naturverträgliche Lösungen
zu entwickeln. Dazu gehört u.a. Forschung in neuere Formen von
Windenergieanlagen (insbesondere zur Minderung der Lärmbelastung),
bedarfsgerechte Befeuerung oder automatische Abschaltungen bei Gefährdungslagen.
Auch für ein Monitoring der Auswirkungen auf Tiere müssen ausreichend Mittel zur
Verfügung stehen. Die Energiewende kann nur davon profitieren, wenn Fakten
frühzeitig zur Verfügung stehen, um Lösungen im Sinne des Naturschutzes zu
finden und Klagen zu vermeiden, die die Genehmigung und Bau von Anlagen
verzögern und die Investitionssicherheit massiv beeinträchtigen.
Die Windenergie ist ein wichtiger Faktor unter vielen. Um die Klimaziele zu
erreichen, kann und muss die Braunkohleverfeuerung zeitnah beendet werden. Es
ist einer regionalen Akzeptanz der Energiewende nicht dienlich, wenn Brandenburg
weit über den Bedarf Berlin-Brandenburgs hinaus Strom erzeugt, um diesen zu
exportieren. Wir setzen uns für eine dezentrale Energiewende mit hoher lokaler
Wertschöpfung ein. Neben der Verlagerung der Stromproduktion auf erneuerbare
Energiequellen, muss weiter verstärkt auf Einsparung und Effizienz gesetzt
werden. Eine übergeordnete ökologische Wirtschafts- und Finanzpolitik muss dafür
sorgen, dass Innovationen in diesem Bereich nicht durch Reboundeffekte wieder
zunichte gemacht werden.
Auf der LDK in Zossen haben wir uns klar dazu bekannt, dass der Ausbau der
Erneuerbaren Energien Regeln haben muss. Vor diesem Hintergrund fordern wir für
den Ausbau der Windenergie:
- Im Rahmen der geplanten Funktionalreform lehnen wir eine Verlagerung der
Immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (BImSchG ) und der darin
vorgeschriebenen Umwelt-Prüfungen auf die Kreisebene aus fachlichen
Gründen entschieden ab.
- Die Ermessensspielräume bei der Anordnung von
Umweltverträglichkeitsprüfungen sollten von den Genehmigungsbehörden
dahingehend ausgeschöpft werden, dass möglichst in jedem entsprechendem
Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen eine UVP durchgeführt wird.
Auflagen zum Betrieb der Windenergieanlagen (z.B. automatische
Abschaltungen bei starkem Fledermausflug oder nach Ernte und
Bodenbearbeitung der umliegenden Flächen) und zur Bewirtschaftung der
umgebenden Flächen (z.B. Kartoffeln und Raps statt Grünlandnutzung) können
zur Lösung von naturschutzfachlichen Konflikten beitragen.
Ausgleichsmaßnahmen sollten sich auf die von den Anlagen betroffenen
Naturräume und die Förderung Windanlagen-sensibler Arten konzentrieren.
- Die Qualität, der Umfang und die Unabhängigkeit der naturschutzfachlichen
Untersuchungen in Genehmigungsverfahren muss durch die
Genehmigungsbehörden sichergestellt und der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden.
- Die Tierökologischen Abstandskriterien (TAK) müssen regelmäßig an den
Stand der Wissenschaft angepasst werden (z.B. mit den Erkenntnissen des
Helgoländer Papiers). Bei neuen Erkenntnissen müssen auch Bestandsanlagen
überprüft werden.
- Das Ziel, in Brandenburg 2% der Landesfläche für Windenergie
bereitzustellen, stellt für uns eine Obergrenze dar.
- Die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald sehen wir sehr kritisch.
Eine Ausweisung von Eignungsgebieten in artenreichen Waldgebieten lehnen
wir ab. Nur in Kiefer-Monokulturen mit geringer Artenvielfalt kann nach
Abwägung mit anderen Flächen die Nutzung möglicherweise einen geringeren
Eingriff in die Natur darstellen, als in artenreichem Offenland.
- Für ganz Brandenburg fordern wir verbindliche Mindestabstände von
Windenergieanlagen zur Wohnbebauung von 1.000 Metern im
Landesentwicklungsplan (LEP) festzuschreiben. Die genaue Prüfung der
immissionsschutzrechtlichen Verfahren, muss allerdings auch zu höheren
Abständen führen können. Ein Einkreisung von Orten ist zu vermeiden.
- Die dauerhaft nächtliche Befeuerung von Windenergieanlagen ist durch die
rechtliche Zulassung von bedarfsgerechter Befeuerung überflüssig geworden.
Gesetzgebungen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zeigen,
dass eine schnelle und flächendeckende Verbreitung der technischen
Möglichkeiten einer gesetzgeberischen Unterstützung bedürfen. Dabei ist
uns wichtig, dass die Möglichkeiten zur Reduzierung der Lichtemissionen
auch bei Bestands-anlagen ausgeschöpft werden.
Mit einer hohen regionalen Wertschöpfung steigen die Chancen, dass
Anwohner und Gemeinden von der Energiewende in Brandenburg profitieren.
Dafür wollen wir in Brandenburg ein Gesetz zur finanziellen Beteiligung
von Anwohner*innen und Anrainerkommunen, ähnlich dem in Mecklenburg-
Vorpommern.
Die Beobachtung und Dokumentation der ökologischen Qualität unseres
Lebensraums braucht mehr personelle und wissenschaftliche Unterstützung.
Hierfür müssen in Brandenburg mehr Gelder bereitgestellt werden.
Begründung
Die Genehmigungverfahren für Windenergieanlagen insbesondere ohne Umweltverträglichkeits-prüfung (UVP) sind intransparent und bergen die Gefahr, dass Konflikte mit dem Naturschutz nicht ausreichend berücksichtigt oder gar nicht erkannt werden. Die UVP in Kombination mit einer frühzeitigen Bürger- und Verbandsbeteiligung ist ein bewährtes Verfahren, um sicherzustellen, dass Genehmigungsanträge frühzeitig kritisch beleuchtet werden können und Abwägungen rechtssicher erfolgen. Für die Antragsteller ergeben sich nicht nur höhere Kosten und längere Bearbeitungszeiten, sondern auch eine höhere Rechtssicherheit der Genehmigung.
Wo Artenschutz mit ökonomischen Interessen kollidiert, ist es wichtig Objektivität sicherzustellen und sorgsam abzuwägen. Der Verdacht, dass naturschutzfachliche Gutachter von Antragstellern gekauft sein könnten, untergräbt das notwendige Vertrauen in die Objektivität des Genehmigungsprozesses. Grundlage hierzu sind unabhängig vom Interesse des Antragsstellers erstellte Gutachten und unabhängige Gutachter.
Das gezielte Töten und Vertreiben von geschützten Arten ist kein Kavaliersdelikt. Umweltkriminalität gegenüber geschützten Arten, wird nicht mit ausreichendem Nachdruck verfolgt. Verdachtsfälle, in denen geschützte Arten für die Windenergienutzung vertrieben worden sein sollen, müssen konsequent verfolgt werden. Vor allem, um eine vorbeugende und abschreckende Wirkung gegenüber potentiellen Tätern zu erzielen.
Änderungsanträge
- Ä1 (Grüne Jugend Brandenburg (dort beschlossen am: 07.11.2016), Eingereicht)
- Ä2 (Grüne Jugend Brandenburg (dort beschlossen am: 07.11.2016), Eingereicht)
- Ä3 (Axel Vogel, KV Barnim , Eingereicht)
- Ä4 (Heinz-Herwig Mascher (KV Oberhavel), Eingereicht)
- Ä5 (Heinz-Herwig Mascher (KV Oberhavel), Eingereicht)
- Ä6 (Heinz-Herwig Mascher (KV Oberhavel), Eingereicht)
- Ä7 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)
- Ä8 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)
- Ä9 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)
- Ä10 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)
- Ä11 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)
- Ä12 (Dringlichkeitsantrag) (Rainer Schneewolf, Eingereicht)